Die Biene

Ein Religionslehrer hat mich darauf gebracht, Atheistin zu werden. Vorher glaubte ich an Gott, so wie man es uns Kindern beigebracht hatte, „man muss an Gott glauben“. Dann sollten wir in der Schule einen Aufsatz schreiben, ob und warum wir an Gott glauben oder eben nicht. Ich dachte während des Schreibens darüber nach, endete meine Argumentation, warum ich an Gott glaube und wusste gleichzeitig: nee, das ist alles Quatsch. Gott gibt es gar nicht.

Das Wort „Gott“ ist bis heute aus meinem Wortschatz verschwunden, ebenso alles, was mit der (katholischen) Kirche zu tun hat. Zu sehr sind diese Dinge mit unangenehmen Erfahrungen vor allem in der Kindheit und Jugend verbunden, mit Druck und Zwang, Kontrolle und Strafe.

Heute weiß ich – nicht glaube ich – : es gibt die andere, geistige Welt, und es gibt Hilfe und Unterstützung aus dieser Welt. Es gibt dort und von dort bedingungslose Liebe, ja sogar Humor. Wie ich die Wesen oder Energien dieser anderen Welt nenne, oder wie ihr sie nennt, spielt keine Rolle. Sie dürfen Gott genannt werden oder Engel, Naturwesen oder Geister, das höhere Bewusstsein oder Quantenfeld….. Es kommt auf die Absicht an, auf das, was wir wirklich meinen.

Derselbe Religionslehrer hat mir witzigerweise fast gleichzeitig einen Beweis gegeben, dass es Gott doch gibt. Aber ich hatte ja gerade schon beschlossen, nicht mehr an Gott zu glauben. Er hat nämlich gesagt, wenn wir nicht wüssen, ob wir glauben können, sollten wir Gott testen. Irgendein Zeichen von ihm fordern. Das tat ich. Ich setzte mich nach der Schule zu Hause auf die Terrasse und bestellte als Zeichen von Gott: eine Biene soll in den nächsten Minuten kommen und vor meinem Gesicht herumschwirren. Ich war nach fünf Minuten fast eingenickt, da schreckte ich hoch, weil dicht vor meinen Augen eine Biene mehrmals hin und her flog und dann wieder entschwand. Trotzdem blieb ich für die nächsten 30 Jahre atheistisch und strengstens rationalistisch, obwohl mir seitdem jedes Jahr mehrmals Bienen oder Wespen vor der Nase herumsummen. Inzwischen grüße ich die Insekten dann freundlich und danke ihnen, dass sie mich daran erinnern.

Ich fand mein Leben schwierig und nicht besonders angenehm. Meine Beziehungen scheiterten und vieles andere auch, ich war depressiv und betäubte meine seelischen Schmerzen mit Alkohol. Bis die Wunder kamen. Die andere Welt schickte mir stärkere Zeichen als Bienen und Wespen. Unter anderem einen Blitzeinschlag, einen schlimmen Unfall und eine schwere Krankheit. Dann machte es endlich klick. Als ich so krank war und nicht wusste, ob ich überhaupt noch lange leben würde, dachte ich auf einmal: spinnst du eigentlich, dein Leben so schrecklich zu finden? Ab sofort finde ich mein Leben schön, vor allem, wenn es nur noch ein halbes Jahr dauert. Zum Glück dauert es seitdem noch viele Jahre – und der Beschluss, es gut zu finden, war ziemlich hilfreich.